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Die Greifen; © Udo Madsen 1998

Einleitung

 

Noch vor der "geschichtlichen Zeit", die mit den brüderlichen Herzögen Wartislaw I. uns Ratibor I. für Pommern begann, war dieses Gebiet schon in der Zeit vor 1800 v. C. durch Menschen des nordischen Kulturkreises (Germanen) besiedelt. Sie besiedelten, aus Dänemark kommend, die Gebiete von Rügen und Vorpommern. Dann wanderten sie nach Osten, die Küste entlang, in die Gebiete Hinterpommerns und von dort aus, durch die Uckermark, auch bis in den Pyritzer Weizacker.
Im Pyritzer Weizacker trafen sie auf Ackerbauern des südosteuropäisch-donauländischen Kulturkreis. Agrippina, der Feldherr des Augustus, machte die Weichsel als Ostgrenze der germanischen Barbaren aus. Laut Plinius wohnten die slawischen Völker ausschließlich jenseits des Flußes, wahrscheinlich waren es die Veneder des Publius Tacitus, von denen wohl der Sammelbegriff der Wenden für die Westslawen stammt.

Die Ostsee, wie wir sie kennen, gab es zu jener Zeit noch nicht. Sie war ein Frischwassermeer, das noch nicht mit der Nordsee, durch den Øresund und den Großen Belt, verbunden. Auch Rügen und Bornholm waren noch keine Inseln.

Bis 800 v. C. wurde die Wanderbewegung bis zur Weichselmündung weitergeführt. Auch Mittelpommern wurde dabei langsam besiedelt. Die Germanen betrieben, wenig kunstvoll, Ackerbau, lebten aber von der Viehzucht und der Jagd. Nach der Erschöpfung der Weidegründe oder der Jagdmöglichkeiten wechselten sie ihren Wohnsitz. Sie verließen ihre Siedlungen, packte die Familie und den Hausrat auf von Rindern gezogene Wagen und zog in die Richtung die der Vogelflug, Himmelzeichen oder der Notwendigkeit des Ausweichens vor stärkeren Nachbarn in ein neues Siedlungsgebiet.1) In dieser Weise waren wohl Jahrhunderte hindurch auch die Germanen von Flussgebiet zu Flussgebiet, von Weideland zu Weideland gezogen. Ohne bestimmtes Wanderziel, ohne festgehaltene Richtung, nur im Ganzen allmählich immer weiter nach Süd-Westen, weil die Wanderung nach Osten schon durch die Massen der ihnen nachfolgenden anderen germanischen Stämme vom Nord-Westen und der vordringenden slawischen Völker von Osten versperrt war.1)


Die Ostsee um 600 v. C

War das okkupierte Land früher schon bebaut und bewohnt oder mochte es bisher Urwald gewesen sein - in beiden Fällen verfuhren die Germanen nach dem gleichen, durch die Wirtschaftsweise vorgezeichneten System. Sie teilten das gesamte besetzte Land in drei Gruppen: Grenzwald, Allmende und Sondereigen. Nach Erschöpfung des Sondereigens durch die nachwachsende Bevölkerung griff man zu Allmende und Grenzwald, um Bauerhöfe mit Sondereigen daraus zu schaffen.
Da nun aber Allmende und Grenzwald die trennenden Außenteile des okkupierten Gesamtlandes gebildet hatten, so musste deren Verwandlung in Ackerland mit Sondereigen die Wirkung haben, die bisher durch Wald, Sumpf und Wüstenei getrennten Völker zu unmittelbaren Nachbarn machen. In Freundschaft und Feindschaft mussten nun alle Beziehungen weit stärker wirken, Anziehung, Überwältigung, Zusammenschließung viel rascher und leichter und häufiger erfolgen, jede Kraft und Bewegung in einer Völkerschaft musste stärker auf die Zustände der Nachbarn wirken, in Krieg oder Bündnis, als ehedem. 1)
Die Übervölkerung konnte auf jener Kulturstufe unmöglich durch die Mittel höherer Zivilisation, zum Beispiel intensiveren rationelleren Ackerbau, abgewendet werden. Ihre notwendige Folge war Hungersnot. Das einzige Mittel, das denkbar einfachste, war die Auswanderung, sei es des ganzen Volkes, oder dem Überschuss, aus den zu eng gewordenen Sitzen in reichere, weitere fruchtbarere Länder. 1)
Und so nahmen dann die Germanen die Wanderzüge wieder auf, welche sie ehedem allmählich nach Pommern geführt hatten. 1) Freilich war die Richtung der Wanderung nicht mehr so frei wählbar. Der Druck der von Osten her nachdrängenden slawischen, mongolischen Massen machten nur ein Ausweichen nach Südwesten möglich. 1)

An der unteren Oder siedelten sich um 500 v. C. Illyrer, Menschen des Lausitzer Kulturkreises, an. Sie drangen der Oder entlang nach Norden vor. Zu ihrem Schutz bauten sie entlang der Oder eine Kette von Burgen auf. Später zogen sie sich in südöstliche Richtung zurück. 1)

Die Rugier siedelten schon um ca. 500 vor Christi Geburt zunächst im Mündungsgebiet der Weichsel und zogen sich dann langsam, in das von den Lausitzern verlassene Gebiet in Richtung Westen bis auf die Insel Rügen zurück, die wohl nach ihnen benannt worden ist.

Im Mündungsgebiet der Weichsel siedelten Menschen der früh-ostgermanischen Kultur, die die westgermanische bis hinter die Rega zurückgedrängt hatten.


Die Besiedlung Pommerns durch die Germarnen 7)

Um bereits 150 nach Christi Geburt werden die Gebiete von Vorpommern und Rügen von einem nordsuebischen Stamm der Elbgermanen (Semnonen) in Besitz genommen, deren Einfluss bis in die Gebiete von Mittelpommern reichten. Sie wurden jedoch 178 zuletzt genannt.


Die Besiedlung Pommerns durch Sueven, Burgunder und Goten 7)

Der ostgermanische Stamm der Burgunden besetzen, von Bornholm kommend, das Gebiet zwischen Oder und Persante. Die Wanderung wurde in Richtung Südwesten langsam weitergeführt, die im 4. Jahrhundert den Rhein erreichten und bei Worms ein Reich gründeten. Teile der Burgunden wurden später zwischen Genfer See und Rhone angesiedelt, daher der Name "Burgund".

Goten, die aus Mittelschweden kamen, erobern das Weichselmündungsgebiet und drangen von dort bis in die Gebiete von Ostpommern vor. Sie zogen jedoch noch vor 200 nach Südrussland zurück und spalteten sich dort in West- und Ostgoten. Die Ostgoten hielten sich bis in 16. Jahrhundert auf der Krim, die Westgoten eroberten 257 die römische Provinz Dakien.

Seit etwa 200 zogen die Rugier in das Gebiet der nördlichen Donau. Sie wurden dort von Attila, dem Hunnen, unterworfen, ließen sich nach der Auflösung des Hunnenreiches als römische Föderaten im heutigen Niederösterreich nieder. 487 / 488 vernichteten die Odoaker ihr Reich. Die Reste des Volkes der Rugier siedelten mit den Ostgoten 489 in Italien.


Die Germanischen Siedlungsräume um 250 n. C. 2)

Mit dem Druck der Hunnen auf Südeuropa, um 375, wurden immer mehr germanische Söldner im römischen Heer gebraucht. Dieses und aufgrund unzureichend bearbeiteten Bodens, geringer Ernten, den schwierigen klimatischen Bedingungen und der Besiedlungspolitik des Römischen Reiches, gaben die an der Ostseeküste siedelnden Germanen ihre Gebiete nach und nach vollständig auf. Sie zogen nach Süden, in den westlichen Teil des Römischen Reiches.

Seit etwa 600 wurde das von den germanischen Stämmen verlassene Gebiet beiderseits der Oder durch die Wilzen, einem westslawischen Stammesverband, besiedelt. Die Urheimat dieser Slawen liegt im Gebiet der Pribet-Sümpfe, westlich von Kiew.

Östlich der Oder setzten sich die Stämme der Pomoranen und Pommerellen durch.
Die Pomoranen siedelten etwa im Gebiet zwischen Oder und einer Linie von Küddow und Grabow. Östlich der Linie von Küddow und Grabow bis zur Weichsel siedelten die Pommerellen.

Von den östlich der Elbe siedelnden Wilzen setzten sich im unteren Oderraum westlich des Flusses die Lutizen durch. Die Lutizen gliederten sich in 4 Kernstämme:

· Die Kessiner siedelten im Gebiet der unteren Warnow.
· Die Ciripaner siedelten zwischen Recknitz, Trebel und Peene.
· Die Tollenser siedelten zwischen der Ostpeene und dem Tollensegebiet.
· Redarier siedelten südlich und östlich des Tollense-Sees und im oberen Havelgebiet.

Die Siedlungsräume liegen weit voneinander entfernt, getrennt durch Wälder und Sümpfe. Jagd- und Fischgründe liefern ausreichend Nahrung. Von kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der germanischen Minderheit; denn nicht alle Familien der germanischen Stämme haben die Wanderung der Stämme nach Süden mitgemacht, und den Slawen ist nichts bekannt.

Vermutlich seit dem 7. Jahrhundert werden in allen slawischen Stammesgebieten Burgen als Wohnsitze des Stammesadels errichtet. Sie dienen fortan als politische und kulturelle Zentren.

Im Jahr 919 verläuft die Ostgrenze des germanischen Siedlungsgebiets an der Elbe. Anfang des 10. Jahrhunderts werden aus den Nachbarn Feinde. Schuld daran sind die Überfälle ungarischer Reitervölker. Immer öfter gelingt es den Ungarn, die Slawen als Verbündete zu gewinnen. Geld, Kraft und Truppenstärke der einzelnen germanischen und fränkischen Stammesfürsten reichen nicht aus, um sich der großen Reiterheere der Ungarn zu erwehren. Deshalb verbünden sie sich und wählen aus ihrer Mitte einen obersten Feldherrn und König. Am 12. Mai 919 stimmen die Fürsten der Franken, Sachsen, Alemannen, Bayern und Thüringer für den 44jährigen Sachsenherzog Heinrich I. aus dem Harzvorland. König Heinrich I. (875 - 936) will den Einfällen der Ungarn ein- für allemal ein Ende machen und plant langfristig. Zunächst schließt er mit den Ungarn einen neunjährigen Waffenstillstand und baut neue Burgen an der Ostgrenze, bzw. setzt alte wieder instand. Dann wendet er sich gegen die potentiellen Verbündeten der Ungarn, die Slawen, die er vertreiben oder unterwerfen will. Durch eine Heeresreform vergrößert er seine Streitmacht beträchtlich. 928 zieht er mit etwa 1.000 Panzerreitern und Fußvolk, das ist für die damalige Zeit eine große Armee, gegen die leichtbewaffneten Heveller.

929 schlagen Heinrichs Heere die Slawen bei Lenzen vernichtend. Viele kommen in den Sümpfen um oder werden geköpft. Wie die Ungarn, machten die Germanen keine Gefangenen. 934 werden die Ungarn bei Riade entscheidend geschlagen. Eine dauerhafte Unterwerfung der Slawen ist jedoch nur möglich, wenn die Slawen christianisiert und den kirchlichen Strukturen der deutschen Herrscher unterworfen werden.

Die Deutschen Könige versuchten, besonders seit Otto I. (dem "Großen") (936-973), auch Einfluss auf die Pomoranen (Pommern) zu gewinnen. Otto I. ist der Sohn Heinrichs, der nach seinem Tod mit 24 Jahren die Krone erbte.

Doch auch skandinavische Wikinger dringen um 950, unter dem Dänischen König Harald Blauzahn, in das Gebiet von Pommern ein und gründen dabei, im späteren Wollin, ihr Handelszentrum Jomsburg (Julin). Sie konnten jedoch ihren Einfluss nur bis 961 halten.


Staatsbildung in Europa um 900 n. C. 2)

Aus dem Deutschen Reich begann langsam die Christianisierung des Europäischen Ostens. Sie traf jedoch auf wenig Gegenliebe. Die Slawen zeigen wenig Interesse an dem Gott der Deutschen. Sie haben ihre eigenen Götter. Mit großem Eifer und oft mit dem Schwert in der Hand taufen die Missionare die Heiden. Das Motiv ist nicht nur geistlicher, sondern auch ganz irdischer Natur. Nur von einem getauften Slawen darf der Kirchenzehnt erhoben werden.
Waren die alten Götter zunächst noch stärker, wurden sie letztlich um so heftiger von den Deutschen Reichsfürsten bekämpft. Kaiser Otto I. schlug 955 an der Recknitz einen Slawenaufstand, gegen die Christianisierung, blutig nieder.

961 wurde Otto II., (Sohn von Kaiser Otto I.) in Aachen zum Deutschen König und 967 in Rom zum Deutschen Kaiser gekrönt. Er fügte dem Dänenkönig Harald Blauzahn 974 den ersten Rückschlag seiner Expansionspolitik zu und warf ihn bis hinter die Schlei zurück. Die Dänen verloren danach immer mehr Boden und mussten sich auch aus Pommern zurückziehen.

Das Land vom Osten bis zur Oder war noch bis 963 fest in slawischer Hand. Markgraf Gero von Brandenburg besiegt 963 Herzog Mieszko I. von Polen. Das Land zwischen Oder und Warthe kam dabei unter deutsche Oberhoheit. 966 ließ sich Herzog Mieszko I. taufen. 2)

Der Lutizenbund wird 983 von mehreren slawischen Stämmen der Lutizen gegründet. Er führte, seit seiner Gründung, einen immer wieder aufflammenden Widerstandskampf gegen fremde (fränkische, deutsche und polnische) Oberhoheit und gegen das Christentum. Deutsche Fürsten drangen dabei immer wieder von Westen her, in verschiedenen Slawenfeldzügen, nach Vorpommern vor. Der Slawenaufstand von 29. Juni 983 (Überfall des Lutizenbundes auf Havelberg und Brandenburg) beseitigte jedoch die Ansätze einer Vorherrschaft des Deutschen Reichs.
Nach 50 Jahren deutscher Herrschaft scheint wieder alles beim alten. Die Gebiete sind erneut in slawischer Hand, die Bistümer Havelberg und Brandenburg müssen aufgegeben werden, die Elblinie ist wieder zur germanischen Grenze geworden. Eine Zeit ständiger Feldzüge deutscher Heere gegen die Slawen beginnt. Beide Seiten verzeichnen Siege und Verluste, aber keine dauerhaften Gebietsgewinne.

Auch die Polanen versuchen 990 unter Herzog Miezko I. die Lutizen zu unterwerfen, scheitern jedoch ebenso.

Auch der Deutsche Kaiser Otto III., (Sohn von Kaiser Otto II.), zog 997 gegen die Elbslawen, konnte jedoch die Situation im Osten des Deutschen Reichs nicht verändern.

Die Polanen erringen 995 unter Herzog Boleslaw I. (Chrobry) für etwa drei Jahrzehnte die Herrschaft über Hinterpommern.

Dem von dem deutschen Kaiser Otto III. in Gnesen um 1000 errichteten polnischen Erzbistum, wird das, von Herzog Boleslaw I. (Chrobry) der Polanen gegründete, Bistum Kolberg unterstellt. Erster Bischof war Reinbern aus dem thüringischen Hassgau.

Von 1002 bis 1024 wurde Heinrich II., der Heilige, (Sohn von Herzog Heinrich II. von Bayern), nachdem er sich der Reichsinsignien bemächtigt hatte, zum Deutschen König und 1014 in Rom zum Deutschen Kaiser gekrönt.

Heinrich II. führte von 1004 bis 1018 mehrere Kriege gegen Herzog Boleslaw I. von Polen. Im Frieden von Bautzen verliert Polen zwar Böhmen, kann aber das Land rechts der Elbe halten.

Mit einer schmerzhaften Niederlage für die Slawen endet ein Feldzug des Bischofs Burchard von Halberstadt im Winter 1068/69. Von Havelberg kommend, überquert er bei klirrendem Frost die Prignitz und stößt bis zum slawischen Nationalheiligtum Rethra vor. Er verwüstet Siedlung und Tempel, entführt das heilige weiße Roß und reitet darauf zurück nach Halberstadt. Für das Heiligtum Rethra, so wird berichtet, ist dies das Ende gewesen.
Die Slawen halten sich nun an das Roßorakel im Heiligtum Vineta. All diese Verwüstungen bringen weder klare Verhältnisse, geschweige denn Frieden.

Die Lehnsabhängigkeit Pommerns, die ab 995 vom Herzogtum der Polanen (dem späteren Polen) bestand, endete zwischen 1025 bis 1034 und ging an Dänemark über.

Kaiser Heinrich III. stellte 1046 über seine östlichen Nachbarn (Lutizen, Polanen) die Lehns- und Tributpflicht her und sicherte später die Ostgrenzen.

Die Slawenfürsten Bretislaw von Böhmen, Kasimir I. von Polanen und Zemuzil von Pommern erschienen zu Johannis 1046 vor Kaiser Heinrich III. in Merseburg, wo dieser zwischen ihnen Frieden stiftete. Zemuzil ist somit der erste bekannte Fürst von Pommern.

Gefährlicher für Pommern wurden die Raubzüge und Angriffe des 11. und 12. Jahrhunderts durch Wikinger, Dänen und Polen. Der Andrang der Polen gegen die Pommern, als das polnische Reich aus den Wirren und der Zerrüttung wieder erstand und sein Herzog Boleslaw (1058-1079) manche Erfolge in Pommern errang, die jedoch immer wieder bald aufgegeben werden mußten. Sein Bruder Wladislaw Hermann soll in Pommern sogar bis an die Rega vorgedrungen sein, 1091 Stettin erobert haben.
Sein Sohn Boleslaw III. kämpfte unaufhörlich gegen die Pommern, in der er die den Widerstand der Pommern zu brechen suchte. Sein Zug gegen Belgard im Sommer und Herbst 1102 und die Erstürmung der starken Feste erregte in Pommern großen Schrecken. In den nachfolgenden Jahren musste er immer wieder seine Herrschaft verteidigen, da sein Bruder Zbigniew die Pommern immer wieder aufhetzte und zum Abfall brachte. Die Pommern wollten sich ihre Selbstständigkeit und die Religion der Vorväter verteidigen, die Polen aber wollten Zugang zur Ostsee gewinnen und die Ausbreitung des christlichen Glaubens erwirken. So wurde 1107 ein Zug gegen Kolberg unternommen, wobei der Ort zerstört wurde. Der pommersche Herzog soll dabei entflohen sein.
Besondere Bedeutung scheint der Sieg Boleslaws bei Nakel am 10. August 1109 gehabt zu haben, indem ein Heer der Pommern vernichtend geschlagen wurde. Es gelang den Polen eine Anzahl fester Punkte in Besitz zu bringen, aber Nakel selbst konnten sie erst 1113 bezwingen. Trotzdem dauerten die Kämpfe Jahr für Jahr an. Herzog Boleslaw III. konnte erst 1121 oder 1122 das feste Stettin einnehmen, indem er über die gefrorenen Sümpfe und Gewässer vordrang. Der pommersche Herzog musste die Lehnshoheit der Polen anerkennen und die Christianisierung Pommerns zusagen. 3)

Nun beginnt für Pommern die Regierungszeit (ca. 1121 bis 1135) die Zeit des Greifengeschlechts als Landesherren. Die weitere Entwicklung Pommerns kann aus den Personenbeschreibungen entnommen werden, da die Geschichte Pommerns ab dieser Zeit eng mit dem Geschlecht der Greifen verbunden ist, und erst 1637 mit dem Tod Bogislaws XIV. endet.

Herzog Wartislaw I. (1135), der erste bekannte slawische Fürst der Pomoranen, herrschte über die wendischen Stämme der Pomoranen an der Odermündung. Er gilt als Stammvater des Geschlechts der "Greifen". Er wurde vom Polnischen König als Herzog von Pommern eingesetzt, nachdem mehrere seiner Vorgänger sich von der polnischen Lehnshoheit abspalten und eigene Interessen verfolgten. Da war zunächst ein Zemuzil. Dazwischen werden uns in der polnischen Chronik des so genannten Gallus mehrmals Herzöge der Pommern am Anfang des 12. Jahrhunderts genannt, die, auch wo sie keinen Namen tragen, offenbar noch nicht Wartislaw oder Ratibor gewesen sind. Ein Suatobor, ein Verwandter (consanguinens) Boleslaws III., "dessen Geschlecht niemals den polnischen Herren treue hielt", wurde etwa 1105/6 von Gegnern in Pommern gestürzt und eingekerkert, dann aber, als der Polenherzog mit Krieg drohte, etwa 1106/7 diesem ausgeliefert. 4) Ein Suatopolk, ebenfalls ein Verwandter (genere propinquus) Boleslaws III., war 1111/12 als polnischer Vasall in Nakel eingesetzt, hielt aber die Treue ebenfalls nicht und wurde deshalb (1112), von Michaelis bis Weihnachten und im folgenden Jahr (1113) bekämpft und besiegt. Das erste Mal musste er seinen ältesten Sohn als Geisel stellen. Das zweite Mal spielten sich die Kämpfe in der Weichselgegend ab. Die Pommern übergaben die umkämpfte Burg, weil sie von ihrem Herrn Suatopolk keine Hilfe erwarteten. 5) Bei seinem gewaltsamen Tode 1122 heißt er indessen Herzog des "Oderlandes". 6)
Ob Suatobor und Suatopolk etwa zusammenhängen, ist ungewiss, aber möglich; möglich auch, falls etwa Swatopolk der um 1105/6 oder 1106/7 an Stelle des gestürzten Suatobor eingesetzte Herzog war. Unsicherer ist es, ob von einem von ihnen eine Verbindung zu Wartislaw I. (zuerst 1124) und Ratibor I. (zuerst 1135) führt. Diese beiden Brüder können die Vertreter des Hauses sein, durch das um 1105/1106 das Haus Suatobors aus der Herrschaft verdrängt wurde, auch wenn das nicht durch den ihm vielleicht Verwandten Suatopolk geschah. Ein Zusammenhang könnte sein, da Ratibor später einen Sohn Swantopolk hinterließ, dessen Name freilich auch anders erklärt werden könnte. An sich ist es nach Zeit und Umständen nicht auszuschließen, dass Suatopolk der Vater Wartislaws I. und Ratibor I. war.

 


1) Felix Dahn; Geschichte der Völkerwanderung 1880; Reprint Emil Vollmer Verlag
2) Atlas zur Weltgeschichte; Hermann Kinder/Werner Hilgemann; Deutscher Taschenbuchverlag GmbH&Co. KG 1964
3) Geschichte von Pommern - Band 1: Bis zur Reformation (1525); Martin Wehrmann; 1904
4) Chron. Polon. II 29 (Galli anonymi Chronicon rec. L. Finkel et St. Ketrzynski, Lemberg 1899, S. 65; MG. SS. IX 456)
5) Chron. Polon. III 26 (Galli anonymi Chronicon rec. L. Finkel et St. Ketrzynski, Lemberg 1899, S. 110; MG. SS. IX 477)
6) Ann. Cracov. vet., MG. SS. XIX 578 (Mon. Pol. hist. II 774)
7) Frag mich nach Pommern; Waldemar Diedrich; Verlag Gerhard Rautenberg 1987

 

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