Die St. Gertrudkirche

Aus Rügenwalder Bau- und Kunstdenkmäler von Karl Rosenow


Das Steintor

Durch das 1732 renovierte Steintor mit seinem geputzten Spitzbogenblenden gelangen wir in die Stolper Vorstadt zur Gertrudkirche auf dem Friedhofe. Unter den pommerschen Polygonalkirchen gebührt der Rügenwalder Gertrudkirche, durch Schönheit in der Entwicklung der inneren Architektur, Ausbildung und Durchbildung in ihrer Anlage unbedingt der Preis. Sie gilt als ein Juwel unter den norddeutschen Kirchenbauten. Auf einem zwölfteiligen Unterbau erhebt sich ein mit Ziegeln gedecktes Zeltdach, das einen hohen schlanken Dachreiter mit Schindeln trägt. Das innere zeigt einen sechseckigen Hauptraum mit einem zwölfseitigen Umgang. Die ganze Bauart deutet auf nordischen Einfluss. Wahrscheinlich ist sie eine Gründung König Erichs zum Dank für eine glückliche Errettung aus Seenot. Ihre aus der Schlosskirche stammende Kanzel ist ein Glanzstück der Holzarchitektur aus den 16. Jahrhundert. Sie steht auf einer geschnitzten Engelsfigur. Korinthische Säulen umrahmen die Tür und tragen ein kombiniertes pommersches Wappen. Die Treppenbrüstung ist durch freistehende Säulen gegliedert. Die Füllungen zeigen Prophetenbilder. Der Schalldeckel, den Berg Tabor darstellend, ist mit dem Predigtstuhl ebenfalls durch das pommersche Wappen verbunden. Die Kanzel zeigt überaus reichen Figuren- und Farbenschmuck.


St. Gertrudkirche

Die 1912 erneuerte Kirche mit ihrer prachtvollen Ausstattung bildet ein kleines Museum. Besonders zu erwähnen sind erstens der Altaraufsatz in Barock; zweitens die reich bemalte Sakristei aus der Schlosskirche, drittens die Emporen der "löblichen Ampts-Meister der Schuster" von 1655 und der "Ampts-Schuster-Gesellen" von 1670, viertens ein alter Beichtstuhl, fünftens der Orgelprospekt mit seinen Renaissanceformen und sechstens die vielen mittelalterlichen Epitaphen mit ihren manchmal rätselvollen Inschriften.

 
Die Kanzel   Die Orgel

Grundriß der St. Gertrudkirche

Aus: Rügenwalde an der Ostsee,
1929, S.17 f f.